Leinberger, Hans

1513-1530 Landshut – vielleicht ab 1535 in München tätig

Beweinung Christi

1520

Buchsbaumholz

Der in Landshut ansässige Hans Leinberger schuf seine eindringlichen, leidenschaftlichen Werke in einer Zeit, als die Verehrung religiöser Bilder zunehmend den Verdacht der Idolatrie auf sich zog. Am Vorabend der Reformation fertigte er plastische Bildwerke von einer zuvor nicht gekannten Direktheit. Seine Skulpturen sollen den Betrachter emotional aufwühlen, sie bewegen ihn zur Empathie und gewinnen den Themen, die zum Teil bereits seit Jahrhunderten künstlerisch umgesetzt worden waren, ganz neue Akzente ab. Neben großen Altarwerken, so etwa für die ehemalige Stiftskirche in Moosburg, schuf Leinberger auch einige kleinformatige Reliefs, die wahrscheinlich für die elitäre Schicht humanistischer gebildeter Kenner gedacht waren.

Man nimmt an, das die „Beweinung Christi“, wie auch ihr Pendant, das ebenfalls in der Berliner Skulpturensammlung aufbewahrte Relief der „Kreuzabnahme Christi“, zusammen mit dem Relief eines Kalvarienbergs im Bayerischen Nationalmuseum in München ursprünglich zu einem Hausaltärchen gehört haben. Alle drei zeichnen sich durch eine ungeheure physische Präsenz der Figuren aus, eine dramatische wie gleichermaßen radikale Umsetzung des Geschehens sowie kühne Perspektivkonstruktionen, die die kleinformatigen Szenerien ins Monumentale steigern. Vorbilder für diese eindrucksvollen Bildfindungen finden sich in den Holzschnitten von Lucas Cranach und Albrecht Altdorfer.

Beweinung Christi

M 63, erworben 1905, Foto: Antje Voigt