Hooch, Pieter de

1629 Rotterdam – nach 1683 Amsterdam

Die Goldwägerin

1664

Lange als ein Vermeer gehandelt – wegen seiner auffälligen Übereinstimmung mit einem Bild des großen Delfters in der Washingtoner National Gallery – ist die Zuschreibung an de Hooch jedoch heute sicher. Sie liest sich wie ein Krimi. Die höher eingeschätzte Qualität des Washingtoner Bildes, die um Nuancen ausgewogenere Komposition, die betont kühlen Stimmungswerte und besonders die Idee einer theologischen Deutung des Wägens durch das an der Wand hängende Weltgericht legten zuerst eine Anlehnung an Vermeer nahe. Eine Infrarotaufnahme in den 1970er Jahren zeigte jedoch das Gegenteil: De Hooch hatte auf dem nun leeren Stuhl ursprünglich eine weitere Person gemalt und dann eigenhändig übermalt.

Nicht de Hooch hatte das Bild Vermeers übernommen, um die sitzende Gestalt erweitert und sie dann im Entstehungsprozess wieder entfernt, sondern eher Vermeer die Idee von de Hooch, und zwar erst nach Vollendung des Bildes im heutigen Zustand. Dies wirft neues Licht auf die Ikonographie des Berliner Gemäldes. Die stark leuchtende Ledertapete ist nicht nur als Erzeugerin einer warmen Stimmung zu sehen. Anders als Vermeer hat de Hooch durch das offene Fenster unterschiedliche kostbare Materialien beleuchtet und um den Bildmittelpunkt versammelt: die Waage und Münzen, die den Wert der Stoffe abzuwägen scheinen.

Die Goldwägerin

Kat.Nr.1401B, erworben 1910, Foto: Jörg P. Anders