Südliche Niederlande

Johannesschüssel

1430

Eichenholz

Die dargestellte Schüssel mit dem abgeschlagenen Haupt des Johannes geht zurück auf den biblischen Bericht vom Martyrium des Täufers (Mt 14,1-12, Mk 6,14-29). Die Verehrung des Täufers war im Mittelalter weit verbreitet. Johannesschüsseln, seit dem 13. Jahrhundert bekannt, wurden meist auf dem Altar ausgestellt oder für Prozessionen bzw. geistliche Spiele verwendet.

Der Berliner Kopf mit einer Aushöhlung zur Aufnahme von Reliquien auf seinem Scheitelpunkt wurde wohl ursprünglich von einem Bergkristall in einer Metallfassung geschlossen.

Es dürfte sich sicher um eine Johannesreliquie gehandelt haben, die in einem sog. redenden Reliquiar der Andacht dargeboten wurde. Das anatomisch durchbildete Antlitz des Täufers und die dramatische, naturnahe Erfassung des grausigen Sujets zeigen die Zugehörigkeit zur altniederländischen Kunst der Zeit Jan van Eycks. Diese Berliner Johannesschüssel ist ein seltenes Beispiel der bedeutenden und ebenso wie die Malerei innovativen Bildhauerei in den südlichen Niederlanden, von der sich nur wenig erhalten hat.

Johannesschüssel

M 268, erworben 1972/74, Foto: Antje Voigt